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Schriftlizenzen im Wandel: Hier tut sich was!

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Wie sehen Lizenzbedingungen aus, die der veränderten Mediennutzung und den Bedürfnissen der Schriftanwender:innen entsprechen? Viele Foundries bemühen sich um Vereinfachung und klarere Formulierungen. Oder sie erfinden gleich ein ganz neues Lizenzmodell. Wir zeigen spannende Modelle

Lizenz­be­dingungen, die auf einen Bierdeckel passen. Was Ivo Gabrowitsch für seine Type Foundry Fontwerk umgesetzt hat, wünschen sich wohl die meisten Schriftanwender:innen

Es lief rund bei der Schweizer Foundry Dinamo. Die Menge der verkauften Fonts war gut, die Kun­d:in­nen zufrieden. Nur die Sache mit den Schriftlizenzen ließ den Gründern Johannes Breyer und Fabian Harb keine Ruhe. Wie die meisten Foundries folgten auch sie den etablierten Modellen der Early-Internet-Era: ver­schiedene Lizenzen für Desktop-, Web- und App-­Anwendungen, begrenzt nach der Anzahl der An­wender:innen beziehungsweise der Pageviews im Monat oder der Menge der App-Downloads. Zuneh­mend hatten die beiden den Eindruck, zu viel Zeit damit zu verbringen, den Leuten ein Modell zu erklären, an das sie immer weniger glaubten.

»Wenn sich jemand für eine Schrift entscheidet, ist das ein auf­regender Moment. Leider beginnt sofort danach der umständliche und frustrierende Prozess, he­raus­zu­finden, welche Lizenz die richtige ist«

so ­Johannes Breyer.

Vor allem aber gibt das gängige Verfahren nicht mehr wieder, wie Daten heute zirkulieren. »Warum sollen wir definieren, auf wie vielen Computern ein Font installiert ist, wenn heute doch die Daten in der Cloud und Projekte auf GitHub liegen? Und auch die Definition, was ein Computer ist, scheint überholt – oder wie soll man ein Smartphone einordnen?«, meint Johannes Breyer. Ebenso abstrakt und verwirrend fühlte es sich für das Dinamo-Team an, in Zeiten von Flatrates und unlimitierten Datenvolumen mit Kundinnen und Kunden über Webtraffic und App-Downloads zu reden, zumal diese Zahlen sich in der Regel schwer vorhersagen lassen.

Ein weiterer Grund, sich von dem alten Modell zu verabschieden: Es bevorzugt größere Unternehmen gegenüber kleineren. »Denken wir etwa an einen Autohersteller mit vielen Abteilungen, bei dem nur ein kleiner Teil der Mitarbeitenden an Computern sitzt«, erklärt Johannes Breyer. »Der braucht wo­möglich die gleiche Lizenz wie eine viel kleinere Firma, in der viele verschiedene Aufgaben von den gleichen wenigen Leuten auf den gleichen wenigen Computern erledigt werden. Aber der Autohersteller zieht viel mehr Wert aus der Schrift, denn je größer das Unternehmen ist, desto größer sind sein Marketing und seine Reichweite.«

Vom Use-Based- zum Value-Based-Licensing

Mit diesen Gedanken im Kopf entwickelte Dinamo ein neues Lizenzmodell – das Value-Based-Licensing –, bei dem es einzig und allein um die Anzahl der Mitarbeiter:innen eines Unternehmens geht. So würden Firmen im Verhältnis zu dem Wert, den sie aus einer Schrift ziehen, bezahlen, was für alle Beteiligten fairer sei.


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