Quantcast
Channel: Typografie – PAGE online
Viewing all articles
Browse latest Browse all 1682

Die 15 Lieblingsschriften von Designern

$
0
0

»Welche Schriften haben Sie am allerliebsten eingesetzt?«, das fragen wir in loser Folge verschiedene Kreative.

Lieblingsschrift Godfrey Plakat

Schriften gibt es viele, ebenso wie Anwendungsmöglichkeiten. Gar nicht so leicht, sich in der unendlichen Welt der Typografie zu entscheiden. Ob neue Trends oder liebgewonnene Klassiker – wir haben Designer nach ihren Favourite Fonts befragt – garantierte Inspiration für Ihr nächstes Projekt:

 

 

1. Godfrey

Entdeckt von Eike Dingler, selbständiger Grafik- und Typedesigner aus Berlin 

Typedesigner Eike Dingler

Eike Dingler betreibt in Berlin sein Atelier für Grafikdesign. Foto: Matthias Wehofsky

Meiner Erfahrung nach vermisst man an Verflossenen am meisten ihre kleinen, charmanten Macken. Schriften allerdings werden von Ihren Entwerfern oft so lange glatt poliert, bis nichts mehr zum Vermissen übrig bleibt. Dabei sind ein paar Ecken und Kanten, an denen man sich reiben kann, doch überaus liebenswert! Zum Beispiel: ein kleines j oder f, das nach unten weg tropft. Gefühlt zu lange i-Punkte. Oder ein kleines y, das zu kippen scheint und leichte Zacken in die Zeile reißt. Und dann dieser Grauwert, der auf den ersten Blick sehr aufgeräumt daherkommt, mit diesen ganzen vertikalen Betonungen aber komisch bewegt erscheint. Mama, Papa, darf ich euch Godfrey vorstellen! Sie ist nur ein kleines bisschen seltsam…

Natürlich hat der Schriftgestalter Ludwig Übele seine Schrift Godfrey genauso sorgfältig ausgetüftelt, wie alle seine anderen. Verwendet habe ich sie für das Corporate Design der Hessischen Theaterakademie – eine besondere Farbe ist schließlich eine sinnvolle Eigenschaft einer Corporate-Design-Schrift. Außerdem ist Godfrey, das muss man wohl so sagen, ein Ladenhüter. Großer Vorteil für die Theaterakademie: Godfrey ist beinahe ein Customfont. Insofern hätte ich dieses kleine Verhältnis hier gar nicht öffentlich machen dürfen. Jetzt, wo es heraus ist, möge man mein Bekenntnis zur der schrägen Type als Plädoyer verstehen: für Such-Mut und Finde-Freude, für Abseitiges und Ungewohntes, für kleine Foundries und gegen Top-50-Listen. Passt doch gut in unsere spannenden Zeiten. Und warum zum Teufel hat das kleine g einen so dermaßen klassischen Schniedel, wohingegen der vom versal-Q ein gerader Strich ist? Macht mich wahnsinnig sowas!

 

Lieblingsschrift Godfrey Schriftmuster

Die Schrift Godfrey von Ludwig Übele fällt ein kleines bisschen aus dem Rahmen.
nach oben

2. Söhne Collection

Gefunden von Florian Paizs, Designer bei Neue Gestaltung, Berlin, Schriftenentwerfer bei wirsindschoener.

Ich bin frisch verliebt in die Schriftfamilie Söhne Collection von Kris Sowersbys Klim Type Foundry aus Neuseeland. Inspiriert vom NYC Subway Leitsystem, gesetzt in der Standard Medium, ist hier eine Neue Form der Akzidenz Grotesk entstanden, die es einerseits versteht, den Charme der alten originalen Formen zu konservieren, aber andererseits auch merklich überarbeitet im digitalen hier und jetzt angekommen ist. So hat sie beispielsweise durch weniger dicke Versalien ein ruhigeres Schriftbild als die Akzidenz, dadurch erscheint ihr Grauwert weitaus weniger fleckig. Die Söhne umfasst neben der regulären Familie eine schmale, eine breite und eine monospaced Variante in jeweils 16 Schnitten. On top gibt es alternatives a und ein zweistöckiges g. Kombinieren könnte man sie zum Beispiel mit der Financier Display, ebenfalls von Klim Type oder der GT Sectra von Grilli Type.

Eigentlich hatte ich vorgehabt, hier ein flammendes Plädoyer für die neo-groteske Franca von René Bieder zu schreiben und wie wunderbar spannend man sie zum Beispiel mit den SangBleu von Swiss Typefaces kombinieren kann, insbesondere mit der SangBleu Kingdom, aber frisch verliebt ist eben frisch verliebt.

nach oben

3. FF Franziska

Kontrastreich kombiniert von Johannes Breidenbach, Gründer von jo’s Büro für Gestaltung in Würzburg

Designer Johannes Breidenbach verrät seine Lieblingsschrift

Die Suche nach Schriften wird nicht leichter – der Markt ist gefühlt übervoll von einigen wenigen guten Schriften, vielen eher schlechten Kopien und einer Menge an unnützen und wilden Fonts. Bei jedem neuen Projekt streckt man die Fühler aus – und landet doch oft wieder bei den Klassikern. Ich habe meine Ausbildung zum Mediengestalter bei einem gelernten Schriftsetzer gemacht, vielleicht hat das rückblickend mehr geprägt als man damals dachte. 

Auf der Suche nach einer Schrift, die durch ihre hohe Lesbarkeit überzeugt, spannend die Zeilen füllt und sich durch verschiedene Schnitte kontrastreich kombinieren lässt, bin ich schon 2015 auf die FF Franziska von Jakob Runge gestoßen. Bis heute liebe ich sie und sie überrascht uns immer wieder, vor allem durch die enorme Liebe zum Detail, ihren Variantenreichtum und den tollen Ausbau was Sonderzeichen & Co angeht. Jakob Runge schreibt: »Halb Antiqua, halb Egyptienne« und diese Mischung macht den Charakter der Franziska aus! Mein Tipp: die Kursive Hair Italic: einfach bezaubernd!

Lieblingsschrift_FranziskaLieblingsschriften der Designer: Franziska Lieblingsschriften Franziska

Lieblingsschriften der Designer: Typo Franziska

Weinwerkstatt Broschüre mit Typo Franziska

Mockup einer Broschüre für ein Weingut von jo’s Büro für Gestaltung
nach oben

4. Euclid Flex

Variabel angewandt von Manuel Kreuzer, Gründer des Büro für visuelle Gestaltung, Passau

Foto: Simona Kehl

Ich bin ja grundsätzlich fast täglich auf der Suche nach Schriften und dessen Neuerscheinungen. Daher »verliebe« ich mich doch recht oft in einige Entdeckungen und muss die meistens dann auch gleich haben. Als ich aber Ende 2016 auf der Suche nach einer geeigneten Schrift für mein damals neu gewonnenes Projekte, das 18. Landshuter Kurzfilmfestival, war, stieß ich schließlich auf die 2016 erschienene Euclid Flex  von Swiss Typefaces. Ich wollte damals ein variables Erscheinungsbild für das Festival gestalten und die Euclid Flex war dazu der beste »Partner« für das Vorhaben. Die Euclid Flex ist eine klare, geometrische Sans Serif, die wie der Name schon sagt, extrem flexibel einsetzbar ist. Die Schrift ähnelt der 1970 erschienen Avant Garde, ist aber durch die Vielzahl von eigenständigen Buchstabenvarianten und Stylistic-Sets extrem wandelbar und für die unterschiedlichsten Projekte einsetzbar. 2017 erweiterten die Type-Designer die Schrift noch um die Euclid Circular A + B, Euclid Square und Euclid Triangle. So ist mittlerweile eine umfangreiche Schriftfamilie erhältlich, die sich mit 5 Kollektionen und 54 Styles, mit 1000 Alternativen und Ligaturen ganz schön sehen lassen kann. Ich liebe sie!

nach oben

5. FF Mark

Schnell eingesetzt von Heike Nehl, geschäftsführender Gesellschafterin von Moniteurs, Berlin

»Ja, es gibt sie schon, Lieblingsschrif­ten. Schriften, die man auf Anhieb mag und sofort haben will! Mir ging es so mit der damals gerade erschienenen FF Mark von Hannes von Döhren, Christoph Koe­berlin und dem ganzen FontFont Type Department. Eigentlich sollte sie nur als Schriftmuster für die Promo­tion-Site www.fontwalk.de auftauchen, und schon denkt man darüber nach, wofür man diese Schrift alles verwenden könnte. Manchmal ist da eben zuerst die Schrift. Wir haben sie dann als Webfont gleich für ein Konferenz-Corporate-Design (bauen-mit-carbon.net) eingesetzt, und ich bin sicher, dass da noch Vieles folgen wird.

Durch ihre Geometrie hat sie etwas Architektonisches. Das bedeutet, ich kann sie mir auch sehr gut für ein Leitsystem vorstellen. Die FF Mark ist von 2013, mit Klassikern verwandt, aber neu gedacht – ich bin verliebt!«

 

Die klare Serifenlose FF Mark eignet sich für viele Anwendungen, Moniteurs würde sie am liebsten in einem Leitsystem verwenden

5. FF Mark

Ebenfalls ausgewählt von Erik Spiekermann, Managing Partner von edenspiekermann, Berlin

»Viele Köche verderben den Brei? Keineswegs. Letztes Jahr fiel im FontFont TypeBoard der Entschluss, durch einen direkten Auftrag an den Berliner Typedesigner Hannes von Döhren eine Lücke im Angebot der FontFont-Bibliothek zu schließen. Er sollte eine geometrische Grotesk entwickeln, angesiedelt zwischen Futura und Gotham. Also klassisch und generisch zugleich.

Hannes machte nach unserem Brie­­fing die ersten Skizzen, Christoph Koeberlin, Schriftentwickler bei FSI, übernahm die technische Umsetzung und den Ausbau der Familie. Die FSI-Mitarbeiter Andreas Frohloff und Ivo Gabrowitsch sowie meine Wenigkeit warfen immer wieder einen Blick auf die Skizzen. Erik van Blokland und Stephen Coles gaben Rat und Anregun­gen. Und obwohl wir uns nicht immer einig waren, wurde die FF Mark doch endlich fertig. Sie bekam sogar eine eigene Website (www.ffmark.com), er­dacht von Alexander Roth bei FSI und umgesetzt von Rob Meek, der schon die FontStruct-Site und etliche Plug-ins programmiert hat.

FF Mark ist prägnant und hat Charakter, aber keine Eitelkeiten. Sie ist darüber hinaus ausgezeichnet lesbar, wenn auch nicht platzsparend – vor allem die Ziffern sind toll. Wie jede gute neue Schrift ist sie natürlich mit allen Schikanen ausgebaut: vier unterschiedliche Ziffernsätze, alle Akzente, Kapitälchen und etliche OpenType-Features. Für Web und Print gleichermaßen perfekt geeignet und in sämtlichen Formaten vorhanden. Ich bin überzeugt, dass wir diese Schrift bald häufig sehen werden.«

 

Zwischen Futura und Gotham angesiedelt ist die kürzlich erschienene geometrische Grotesk FF Mark (www.fontfont.com)



                                              PAGE lesen und nichts mehr verpassen.
nach oben


6. Logo-Schriftzug »Die Freundin«

Wiederentdeckt von Akiem Helmling, Mitbegründer von Underware, Den Haag

»Meine Lieblingsschrift 2013 ist das Logo der Frauenzeitschrift »Die Freun­din« aus den 1930er Jahren. Der amerikanische Künstler Reynold Reynolds machte mich auf diese vom Bund für Menschenrecht herausgegebene Zeitschrift für lesbische Frauen und das schöne Logo aufmerksam. Während der Arbeit an seinem Projekt »The Lost«, das auf einem deutschen Film aus den Dreißigern basiert, der damals wegen der Zensur nicht fertiggestellt werden konnte, hatte Reynolds die Zeitschrift entdeckt. Genau wie der Film wurde auch die Zeitschrift von den Nazis als »entartet« eingestuft und musste ihr Erscheinen 1933 einstellen.

Der dänische Philosoph Kierkegaard sagte einmal: »Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es vorwärts.« Persönlich würde ich mich freuen, wieder öfter »entartete« Dinge, Schriften oder Designs zu sehen. Es muss nicht unbedingt eine Fraktur sein. Aber mehr Vielfalt ist momentan durchaus möglich.«

 

Das Logo der Zeitschrift »Die Freundin« aus den 1930er Jahren inspiriert Akiem Helmling gerade heute

 
nach oben


 

7. Macula und 8. FF Zine

Gefunden von Julia Sysmäläinen, Designerin bei edenspiekermann, selbstständig als Juliasys, Berlin

»Das Jahr war für mich geprägt von einer großen Sorge: Mein Mister K, der mir sehr nahesteht, wechselte ständig seine Partnerinnen. Da war es eine Riesenerleichterung, als ich erfuhr, dass die Firma hard graft ihn zu einer festen Partnerin verdonnert hat. Die solide, bodenständi­ge, aber auch etwas zackige Zine Serif von Ole Schäfer ist keine Femme fatale, aber eine verlässliche und resolute Begleitung. Ich schätze an ihr ihre kräftigen, charakter­vollen Züge, die, obwohl Zine nicht mehr ganz jung ist, nicht so schnell out of trend sein werden. FF Zine ist funktional und weiß im Gegensatz zur Mister K, wo es langgeht. Fest in Leder geprägt, passen Mister K und Zine prima zusammen (Gegensätze ziehen sich an). Und die Beziehung funktioniert so reibungslos, dass sie ewig währen möge.

So viel zu dieser Vernunftehe. Begeis­tern konnte ich mich für die Macula von Jacques Le Bailly. Sie spielt mit optischen und perspektivischen Täuschungen und bietet enorme Gestaltungsmöglichkeiten. Ma­cula bildet den Kern des von mir bei edenspiekermann entwickelten Erscheinungsbilds für die TEDx-Konferenz City 2.0, die im Sommer in Hamburg und im September in Berlin stattfand. Keine Schrift für jede Anwendung, aber, wenn es passt, ein tolles Stück Typedesign

 

Hilfe, Mister K geht fremd (oben) … und bekommt deshalb die seriöse Partnerin Zine Serif (unten) zugeteilt (www.fontfont.com)

 

Beim Auftritt der Konferenz TEDx kam die Layerschrift Macula von Jacques Le Bailly zum Einsatz (www.boldmonday.com)

 



nach oben
 

9. PTL Superla

Bewundert von Verena Gerlach, Inhaberin des Designstudios fraugerlach, Berlin

»Ich bin ein Riesenfan der PTL Superla von Karl-Heinz Lange. Ich setze sie ger­ne ein, wenn das zu gestaltende Buch zeitlos und doch modern und dazu noch elegant werden soll. Die Superla ist eine Neubearbeitung der ehemaligen Super von Typoart Dresden, die schon als passender Ersatz für die Futura gedacht war. Sie ist eine schöne geometrische Serifenlose, die sich, im Gegensatz zur Futura, hervorragend für den Textsatz eignet, zum Beispiel durch kürzere Ober- und Unterlängen. Sie besitzt sehr ausgewogene Versa­lien, weshalb ich sie gerne für Bildunterschriften oder Überschriften im Ver­salsatz verwende. Auch lässt sie sich schön mit klassischen Serifenfonts – also geometrischen und nicht Renaissance-Antiqua-Schriften – verbinden. Darüber hinaus ist sie überhaupt nicht gesichtslos, auch wenn sie sich ausgezeichnet der restlichen Gestaltung unterordnen lässt.«

Zeitlos und doch modern ist die geometrische Serifenlose Superla von Karl-Heinz Lange (www.primetype.com)

 
nach oben


10. Nocturno

Entdeckt von Miran Tomicic, Kreativdirektor bei Bruketa&Žinic, Zagreb

»Diese Schrift wird in Kürze so richtig durchstarten. Nocturno und Nocturno Display sind zwei brandneue Fonts von Nikola Djurek, einem Landsmann von mir, der für sein, zusammen mit Marija Juza entwickeltes Schrift­system Balkan 2012 beim TDC2 ausgezeichnet wurde. Ich bewundere seine Arbeit und freue mich immer sehr, wenn in seiner Foundry Typonine etwas Neues erscheint.

Nocturno eignet sich für Text und Headlines, sie ist für schicken, sorgfältigen Schriftsatz gemacht. Die rollen­de, dunkle Silhouette ihrer Buchstaben ergibt ein beruhigendes, aber trotzdem kraftvolles Schriftbild. Vor allem die komplexen Anforderungen des Editorial Designs kann Nocturno hervorragend erfüllen – ich kann es kaum abwarten, sie in einem solchen Projekt anzuwenden.«

 

 

Kraftvoll und elegant: Nikola Djureks Nocturno und Nocturno Display (www.typonine.com)

nach oben


11. Azo Sans

Geschätzt von Peter Bruhn, Gründer der Foundry Fountain, Limhamn, Schweden

»Ich mag die Azo Sans des portugiesischen Typedesigners Rui Abreu. Sie ist eine klassische geometrische Serifenlose, inspiriert von den konstruktivisti­schen Schriften der 1920er Jahre. Was ich an ihr aber besonders gut leiden kann, ist ihr humanistischer Touch. Da­durch ist sie in längeren Texten sehr gut zu lesen, behält aber trotzdem ihren nüchternen, rationalen Charakter. Mit ihren zwölf Schnitten von Thin bis Black plus Italics, bietet sie Vielfalt für quasi jede gestalterische Herausforderung. Ich habe sie schon in einigen Katalo­gen eingesetzt – sowohl für den Fließtext als auch die Randbemerkungen.«

Der humanistische Einschlag der von Rui Abreu gestalteten geometrischen Azo Sans zeigt sich zum Beispiel in den leicht nach rechts geneigten Kurven bei h, n und m (www.r-typography.com)

nach oben


12. Urge Text

Gemocht von Dirk Uhlenbrock, Typedesigner, freier Kreativdirektor und Mitbegründer von erste liga büro für gestaltung, Essen

»Ich habe mich ganz spontan in die Urge Text verliebt. Die Schrift stammt von dem britischen Typedesigner Dave Rowland, der als Ein-Mann-Unternehmen die Foundry Schizotype betreibt. Es ist eine frische, gut ausgebaute Antiquafamilie mit interessanten Details: beispielsweise den dicken Kugelen­dun­­gen einiger Buchstaben oder dem Kontrast zwischen runden und ecki­gen Formen der Regular- und Italic-Schnitte. In den kursiven Schnitten hat die obere Hälfte der Buchstaben klassisch kursive Formen, die untere Hälfte dagegen mehr gerade. Dadurch stehen die Italics gut auf der Linie und lassen sich besser lesen. Wir planen, demnächst ein Magazin für den deutschen Buchhandel mit dieser Schrift zu realisieren – auf dieses Projekt freue ich mich schon.«

Liebenswert: Die dicken Kugelendungen einiger Buchstaben ziehen sich durch alle 24 Schnitte der Urge Text von Dave Rowland (www.myfonts.com

 
nach oben


 

13. Malabar und 14. Neutraface

Heiß diskutiert von Roman Hilmer und Karin Kreuder, Kreativdirektor und Typo-Expertin bei Fork Unstable Media, Hamburg

»Wir konnten uns einfach nicht auf eine Schrift einigen. Zwei ganz unterschiedliche sind unsere Favoriten. Zum einen die 2008 von Dan Reynolds gestaltete Malabar, die wir für unser Erscheinungsbild nutzen. Wieso? Weil es sich um eine ausdrucksstarke Serifenschrift handelt, die wie in Stein gemeißelt wirkt, aber trotzdem elegant und zeitgemäß daherkommt. Besonders in den Bold-Schnitten und in großer Schriftgröße wird jedes in Malabar gesetzte Wort zum Statement. Die geringe x-Höhe verleiht ihr einen souveränen und ruhigen Charakter. Dan Reynolds hat sie ursprünglich für den Einsatz in Zeitungen konzipiert, vor al­lem für den Markt in Indien, wo Tageszeitungen noch eine führende Form der Kommunikation sind. Durch die klaren, einfa­chen Formen der Buchstaben, die stabil und robust wirken, ist sie aber auch als Webfont bestens geeignet.

Die serifenlose Neutraface zeichne­te Christian Schwartz 2002, angelehnt an die Buchstaben und Ziffern, die der Architekt Richard Neutra in sei­nen Zeichnungen verwandte. Demzufolge verkörpert sie das Flair der 1950er Jah­re, ist klassisch, edel und geo­metrisch perfekt. Neutraface gefällt uns deshalb auch im Kontext des momentan so angesagten Flat Designs sehr gut. In den Italic-Schnitten wirkt sie trotz der geometrischen Formen weiblich, verspielt und dynamisch, was perfekt zu CAR.A.MIA, unse­rem Online-Automa­gazin für Frauen passt. Jetzt müssen wir nur noch daran arbeiten, dass Neutra­face auch als Webfont erscheint.«

Ursprünglich als Zeitungsschrift entwickelt, sieht Dan Reynolds’ Malabar auch im Web sehr gut aus (www.linotype.com)

Mit ihrem 50er-Jahre-Flair passt die von Christian Schwartz gezeichnete Neutraface (www.houseind.com) prima zum Online-Automagazin CAR.A.MIA

 
nach oben


15. Gustavs Handschrift

In Auftrag gegeben von Christine Krawinkel, freie Grafikerin und Artdirektorin für PAGE, Hamburg

»Wahrscheinlich kennt das jeder Grafiker: Zu jedem Familienereignis müssen wir ran. Jede Einladung vom 40. bis zum 80. Geburtstag entwerfen wir (mit passenden Tischaufstellern), jede Hochzeitszeitung (wenn wir sie nicht gleich ganz machen müssen) bestücken wir mit Rezepten. Seufz. So war ich auch mal wieder gefragt, als mein Neffe geboren wurde. Ich ließ meine Tochter in ihrer Kinderhandschrift »Tristan« schreiben, dazu eine schöne Grotesk, alles ins Babyfoto platziert, fertig war die Geburtskarte. Dieses Konzept machte Furore. Ei­ne Freundin meiner Schwester wollte genau das Gleiche für Thies, deren Freundin für Vinzent, meine Mutter wünschte es sich für eine Mathilda. Und immer schrieb meine Tochter brav in ihrer niedlichen Schrift und wurde am Gewinn beteiligt.

Dieses Jahr wurde Milla Liv geboren. Und wieder wurde das gleiche Prinzip bestellt. Doch ach, wie schreibt denn mein Mädchen plötzlich? Das ist ja so … erwachsen!!! Das geht so nicht mehr. Da hüpft mein Sohn (10 Jahre) vorbei. Könnte er nicht mal kurz etwas für mich schreiben? Er lehnt spontan ab. Schreiben ist nicht gerade die Kulturtechnik, die er erfunden hätte. Erst die 5 Eu­ro können ihn überzeugen. Klaglos schreibt Gustav unter den kritischen Augen seiner Mutter ein ganzes DIN-A4-Blatt voll Milla Livs. Schön macht er das. Für dieses Mal bin ich noch davongekommen.«

 

 

Kostet nur 5 Euro: Gustavs Handschrift für eine Geburtskarte
nach oben


Dieser Beitrag ist erstmalig erschienen am 15.01.2015.

[9767]


Viewing all articles
Browse latest Browse all 1682