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Branchentypo: Sich im Umfeld prägnant positionieren

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Wer eine Schrift für das Label von Kinderkleidung sucht, wird wahrscheinlich eher keine geometrische Serifenlose wählen … Im zweiten Teil unserer Serie »Schrift bringt’s« geht es um passende Typen für verschiedene Branchen.

Jede Branche hat ihre Gepflogenheiten: Beliebt sind bei Biomarken Typen mit Handmade-Touch, gut zu sehen bei Oatly, einem schwedischen Hersteller von Hafergetränken.

Wer eine Schrift für das Label von Kinderkleidung sucht, wird wahrscheinlich eher keine geometri­sche Serifenlose wäh­len, wer eine Type für eine Sportmar­ke braucht, eher keinen schnörkeligen Script-Font. Aber auch wenn jede Branche ihre Gepflogenheiten hat – so wie Biomarken oft Schriften mit anthro­po­so­phischem oder Handmade-Touch verwenden –, spielt das Image, das die jeweilige Marke trans­por­tie­ren möchte, ebenfalls eine große Rolle. Am Beispiel Automobil erklärt Hannes von Döhren: »Man kann die technische Komponente in den Vordergrund stellen und sich selbstbewusst, breit und sport­lich präsentieren – wie zum Beispiel Audi – oder eher kreativ und verspielt wie Toyota. Total unterschiedliche Schrif­ten für dieselbe Branche.«

Ob eine Schrift in ihrem Umfeld erfolgreich ist, hängt natürlich auch von funktionalen Kriterien ab. Das lässt sich gut am Beispiel Sport verdeutlichen – ein Thema, das dem Berliner Typedesigner Chris­toph Koeberlin am Herzen liegt. So sehr, dass er ein eigenes Label dafür gegründet hat: Sportsfonts.com, wo er zum Beispiel seinen Font Winner oder den nur aus Ziffern bestehenden Freefont Libero anbietet. »Schrift hat auf Sporttrikots eine enorme Präsenz; sie stiftet (Team-)Identität wie sonst nur die Vereinsfar­ben und kann sogar auf absurd gefärbten Auswärts­trikots die erste Geige spielen«, erklärt Christoph Koeberlin. Die Anforderungen an die Lesbarkeit sind dabei hoch. »Sportler sind in Bewegung, der Stoff schlägt Falten, und auch die Zuschauer im Oberrang wollen die Nummern erkennen können.« Deshalb sollte die Schrift die klassischen Eigenschaften fürs Lesen unter erschwerten Bedingungen aufweisen: gut unterscheidbare Zeichen mit großzügigen Öffnungen und niedrigem Strichstärkenkontrast.

»Wer nach einer Schrift sucht, die Dynamik, Geschwindigkeit und Athletik kommuniziert, muss darüber hinaus auch die jeweiligen Sehgewohnheiten und Traditionen beachten, die je nach Sportart den Spielraum etwas einengen können – für Fußball wird kaum dieselbe Schrift passen wie für Eiskunstlauf. Wie im Sport selbst liegt die Kunst darin, auch knifflige Spielsituationen elegant und zielführend zu lösen«, erläutert Christoph Koeberlin. Ziemlich da­neben­gegangen ist das bei den aktuellen WM-Trikots der deutschen Mannschaft. Die Schrift mag eine coole Adaption alter Pixelschriften sein, lesbar ist sie nicht (siehe  www.page-online.de/wmtrikot2018). Auf  www.fontsinuse.com  kann man sich informieren, welche Schrift zu welcher Branche passt. Hier gibt es Tausende von Schriftanwendungen, die sich entsprechend sortieren lassen.

Das Image, das eine Marke transportieren möchte, spielt eine große Rolle bei der Wahl der Schrift. Am Beispiel Automobil erklärt Typedesigner Hannes von Döhren: »Man kann die technische Komponente in den Vordergrund stellen und sich selbstbewusst, breit und sportlich präsentieren – wie zum Beispiel Audi – oder eher kreativ und verspielt wie Toyota. Total unterschiedliche Schriften für dieselbe Branche.«


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