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Das Ende des Type Directors Club

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Nach finanziellen Schwierigkeiten und Rassismus-Vorwürfen schließt der Type Directors Club New York nach 74 Jahren seine Türen.

TDCEnde

Abbildung: courtesy Bobby Martin Jr.

Es war schon ein Paukenschlag, als Juan Villanueva, zwei Jahre lang Boardmember des Type Directors Club, am 23. Juni auf medium.com seine Mitgliedschaft aufkündigte, weil der TDC seiner Meinung nach eine rassistische Organisation sei. 

»Today I resigned from the Type Directors Club. I joined the TDC in 2013 when I was in college and I’ve been on the board of directors for the past two years. I came to the TDC because I love type and building community. But after two years, I’m stepping down because the TDC is a racist organization.«

TDCRassismus

Zwei Tage später entschuldigte sich der TDC bei Juan Villanueva:

»First and foremost, we, the TDC board, apologize to Juan. His commitment and contribution to the TDC during his tenure was invaluable. His leaving is a huge loss, and his experience as a board member, which left him feeling, as he said in his statement, “steamrolled, suppressed, silenced and condescended to” is our failure.«

Und nun, am 30. Juni 2020 gab der TDC bekannt, seine Türen endgültig zu schließen. Der Grund seien aber keineswegs die Rassismus Vorwürfe, sondern schon länger bestehende finanzielle Schwierigkeiten, die – verstärkt durch Covid-19 – nun zur Insolvenz geführt hätten.

Von hier aus ist es unmöglich zu beurteilen, ob die Vorwürfe von Juan Villanueva berechtigt sind, mutig war der Schritt von ihm auf jeden Fall. Trotzdem finde ich das Verschwinden des TDC sehr, sehr schade. Seit nunmehr fast 30 Jahren schreibe ich für PAGE und der jährlich stattfindende TDC Award gehörte von Anfang an dazu. Anfangs kam eine große schwarze Kiste von New York über den Atlantik nach Mainz zum Verlag Hermann Schmidt, wo ich einige Male dabei sein konnte, wenn Karin und Bertram Schmidt-Friderichs die Kiste mit den tollen Arbeiten auspackten.

Später kamen Wechseldatenträger per FedEx, noch später in Sekundenschnelle die Daten per Wetransfer. 

Es gab Jahre, da waren die Arbeiten durchweg fantastisch, in anderen gab es nur wenige Highlights. Immer aber war es eine Bereicherung und unglaublich inspirierend, auf diese Art einen Blick in andere Gestalterwelten werfen zu können.

Noch dieses Jahr schrieb ich bei unserem Bericht über den TDC Award, dass ich neugierig sei, wie Covid-19 die Arbeiten im nächsten Jahr beeinflussen würde. Daraus wird nun nichts.

Es ist aber nicht nur schade um das Stück Tradition, das mit dem TDC verschwindet, der Type Directors Club war auch der einzige Wettbewerb, der einen Schwerpunkt auf Typografie legte. Das wird der Branche fehlen.

Klar ist aber auch, dass der TDC es in den 74 Jahren seines Bestehens versäumt hat, sich ab und an zu erneuern und auf neue Zeiten einzustellen. Statt dessen wirkte die recht überschaubare Organisation mit nur etwa 900 Mitgliedern und einem winzigen Büro in New York oft etwas unstrukturiert und chaotisch. 

Der ehemalige Schatzmeister Bobby C. Martin Jr. schreibt in einem Artikel auf Fast Company, der Grund für das Ende des TDC läge eben darin begründet, dass es ein Club sei. 

»You might ask, if I had all of that opportunity, how could the TDC be a racist organization? It’s in the name. The TDC is a club.

By-laws require that a board member has to have been a dues-paying TDC member for at least one year before being eligible to serve. Laws like this are where racism lives. They make active recruitment to the board impossible.«

Bleibt der Wunsch, dass das TDC Board den Willen aufbringt, sich zu erneuern und von vorne anzufangen. Die Mitglieder und die vielen Typofreaks dieser Welt würden es sicher begrüßen. In einem Statement des Vorstandes klingt es so, hoffen wir, dass etwas daraus wird.


Typografisch Danke sagen

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Bei der Hamburger Edition Artlit kann man sich kostenlos PDFs mit dem kalligrafierten Wort »Danke« herunterladen.

DankeLondon

Rosella Garavaglia, London. Diese Buchstaben scheinen fröhlich zu tanzen. Gleichzeitig fließen sie ineinander, berühren sich und sind über Wortgrenzen hinweg miteinander verbunden.

 

Artlit ist eine kleine Edition in Hamburg, für die Schriftkünstler (literarische) Zitate auf besondere Weise gestalten: als Kalligrafie, Typografie oder Radierung. In dieser besonderen Zeit der Corona-Pandemie hat sich Artlit-Gründerin Astrid Froese überlegt, auch etwas beizutragen: »Da es überall so viele wunderbare Gesten der Hilfsbereitschaft und Solidarität gibt, haben wir eine Aktion initiiert, bei der es darum geht, Helfern persönlich Danke zu sagen. Dafür haben wir Schriftkünstler in unterschiedlichen Ländern angesprochen und sie gebeten, das Wort Danke in ihrer Muttersprache zu gestalten.«

Die ersten vier Beiträge (aus Mumbai, London, Wuppertal und Hamburg) finden sich auf der Website, man kann sie als PDF kostenlos herunterladen, um sie dann an Menschen, denen man persönlich danken möchte, zu verschenken.

 

DankeHamburg

Barbara Kloth, Hamburg. Mit Abstand wird »DANKE« deutlicher. Geformt in geschredderten Steuerunterlagen von 2000.

 

DankeWuppertal

Wael Kayyali, Wuppertal. Ein kalligrafiertes arabisches »Danke sehr« in Thuluth-Schrift, einer der kursiven Schreibstile, die auf der geschwungenen Naschi-Schrift basieren.

 

DankeMumbai

Anaroop Kerketta, Mumbai. Ein mit schwarzer Tinte auf Bengalisch mehr gemaltes als geschriebenes »Danke«, das in seiner dunklen Anmutung den Kontext der weltweiten Krisensituation mit reflektiert

Berlin Mural: Typo-Blickfang zum Jubiläum

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Zum 15. Geburtstag des Buchstabenmuseums haben die Lettering-Künstlerinnen Chris Campe und Merle Michaelis eine besondere Arbeit geschaffen.

Erst neulich haben wir über das 15. Jubiläum des Berliner Buchstabenmuseums berichtet. Jetzt ist dort eine besondere Arbeit entstanden und noch bis zum 1. November zu sehen.

Die Hamburger Lettering-Artistin und Gestalterin Chris Campe und die Kielerin Merle Michaelis, die ebenfalls auf Lettering und Typografie spezialisiert ist, haben in einen der S-Bahn-Bögen, in denen das Museum sich befindet, das BERLIN Mural gemalt.

Viereinhalb Meter ist es hoch, zieht sich über Boden, Wand und Decke und spielt mit Typografie und Wahrnehmung.

Wie ein abstraktes schwarzweißes Muster wirken die überdimensionalen Buchstaben, die erst aus der Ferne lesbar sind und Bild und Schrift zugleich.

Noch ein Grund mehr, das Buchstabenmuseum mit seinen einzigartigen Schriften und Reklamen, leuchtenden Logos, mit Neon und vielen anderen typografischen Fundstücken zu besuchen.

 

 

Fotos: © Kathrin Klein

 

Die 16 Lieblingsschriften von Designern

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»Welche Schriften haben Sie am allerliebsten eingesetzt?«, das fragen wir in loser Folge verschiedene Kreative.

SuisseMonoFett

Abbildung: Swiss Typefaces

Schriften gibt es viele, ebenso wie Anwendungsmöglichkeiten. Gar nicht so leicht, sich in der unendlichen Welt der Typografie zu entscheiden. Ob neue Trends oder liebgewonnene Klassiker – wir haben Designer nach ihren Favourite Fonts befragt – garantierte Inspiration für Ihr nächstes Projekt:

 

1. Suisse Int’l Mono

Schlau eingesetzt von Petra Knyrim, Mitgründerin des Düsseldorfer Designbüros nowakteufelknyrim

SuisseMonoPetra

Ich habe gerade wirklich eine neue Lieblingsschrift für mich entdeckt. Eine neue Lieblingsschrift für ein neues StartUp in Düsseldorf: Studio 103.

Die Zahl 103 in der Suisse Int’l Mono von Swiss Typefaces mit einer ausgetüftelten Laufweite, könnte in keiner anderen Schrift schöner gesetzt sein. Und auch nicht treffender. Denn das Studio 103 entwickelt Systemmöbel. Und dazu passt die Suisse Mono perfekt. Was nun aber auch ein bisschen was über mein Verhältnis zu Lieblingsschriften sagt.

Für mich ist eine Schrift nur dann schön, wenn sie auch schlau eingesetzt ist. Wenn sie zum Inhalt passt, zur Aussage, zur Information, die sie vermitteln soll. Und zum Auftraggeber. Mein Auftraggeber ist 22 Jahre alt und hat ein Möbel entwickelt, das PJE103 heißt.
PJE103  in der Suisse Mono, mit einer ausgeklügelten Laufweite, lässt sich wunderbar in Valchromat fräsen oder in Holz einbrennen. Die Schrift funktioniert digital und responsiv genauso gut, wie in 10 Punkt auf der Visitenkarte und was noch viel schöner ist, sie trägt das gleiche Selbstverständnis und den Idealismus wie mein Auftraggeber in sich!

Mehr schwärmen kann man wohl nicht von seiner Lieblingsschrift?
Also ich sag mal so: wenn mich meine Lieblings-Blumenverkäuferin eines Tages fragen sollte, ob ich ihr ein schönes Erscheinungsbild entwerfen möchte, dann hätte ich sicher ganz schnell wieder eine neue Lieblingsschrift. Und wenn ich die nicht finden würde, würde ich sie selber machen. Vielleicht aus wilden Rosen.

SuisseMonoSchnitte

Abbildung: Swiss Typefaces

SuisseMonoZahlen

Abbildung: Swiss Typefaces

SuisseMonoName SuisseMonoGemeine

Abbildung: Swiss Typefaces

 

2. Godfrey

Entdeckt von Eike Dingler, selbständiger Grafik- und Typedesigner aus Berlin 

Typedesigner Eike Dingler

Eike Dingler betreibt in Berlin sein Atelier für Grafikdesign. Foto: Matthias Wehofsky

Meiner Erfahrung nach vermisst man an Verflossenen am meisten ihre kleinen, charmanten Macken. Schriften allerdings werden von Ihren Entwerfern oft so lange glatt poliert, bis nichts mehr zum Vermissen übrig bleibt. Dabei sind ein paar Ecken und Kanten, an denen man sich reiben kann, doch überaus liebenswert! Zum Beispiel: ein kleines j oder f, das nach unten weg tropft. Gefühlt zu lange i-Punkte. Oder ein kleines y, das zu kippen scheint und leichte Zacken in die Zeile reißt. Und dann dieser Grauwert, der auf den ersten Blick sehr aufgeräumt daherkommt, mit diesen ganzen vertikalen Betonungen aber komisch bewegt erscheint. Mama, Papa, darf ich euch Godfrey vorstellen! Sie ist nur ein kleines bisschen seltsam…

Natürlich hat der Schriftgestalter Ludwig Übele seine Schrift Godfrey genauso sorgfältig ausgetüftelt, wie alle seine anderen. Verwendet habe ich sie für das Corporate Design der Hessischen Theaterakademie – eine besondere Farbe ist schließlich eine sinnvolle Eigenschaft einer Corporate-Design-Schrift. Außerdem ist Godfrey, das muss man wohl so sagen, ein Ladenhüter. Großer Vorteil für die Theaterakademie: Godfrey ist beinahe ein Customfont. Insofern hätte ich dieses kleine Verhältnis hier gar nicht öffentlich machen dürfen. Jetzt, wo es heraus ist, möge man mein Bekenntnis zur der schrägen Type als Plädoyer verstehen: für Such-Mut und Finde-Freude, für Abseitiges und Ungewohntes, für kleine Foundries und gegen Top-50-Listen. Passt doch gut in unsere spannenden Zeiten. Und warum zum Teufel hat das kleine g einen so dermaßen klassischen Schniedel, wohingegen der vom versal-Q ein gerader Strich ist? Macht mich wahnsinnig sowas!

 

Lieblingsschrift Godfrey Plakat

 

Lieblingsschrift Godfrey Schriftmuster

Die Schrift Godfrey von Ludwig Übele fällt ein kleines bisschen aus dem Rahmen.
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3. Söhne Collection

Gefunden von Florian Paizs, Designer bei Neue Gestaltung, Berlin, Schriftenentwerfer bei wirsindschoener.

Ich bin frisch verliebt in die Schriftfamilie Söhne Collection von Kris Sowersbys Klim Type Foundry aus Neuseeland. Inspiriert vom NYC Subway Leitsystem, gesetzt in der Standard Medium, ist hier eine Neue Form der Akzidenz Grotesk entstanden, die es einerseits versteht, den Charme der alten originalen Formen zu konservieren, aber andererseits auch merklich überarbeitet im digitalen hier und jetzt angekommen ist. So hat sie beispielsweise durch weniger dicke Versalien ein ruhigeres Schriftbild als die Akzidenz, dadurch erscheint ihr Grauwert weitaus weniger fleckig. Die Söhne umfasst neben der regulären Familie eine schmale, eine breite und eine monospaced Variante in jeweils 16 Schnitten. On top gibt es alternatives a und ein zweistöckiges g. Kombinieren könnte man sie zum Beispiel mit der Financier Display, ebenfalls von Klim Type oder der GT Sectra von Grilli Type.

Eigentlich hatte ich vorgehabt, hier ein flammendes Plädoyer für die neo-groteske Franca von René Bieder zu schreiben und wie wunderbar spannend man sie zum Beispiel mit den SangBleu von Swiss Typefaces kombinieren kann, insbesondere mit der SangBleu Kingdom, aber frisch verliebt ist eben frisch verliebt.

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4. FF Franziska

Kontrastreich kombiniert von Johannes Breidenbach, Gründer von jo’s Büro für Gestaltung in Würzburg

Designer Johannes Breidenbach verrät seine Lieblingsschrift

Die Suche nach Schriften wird nicht leichter – der Markt ist gefühlt übervoll von einigen wenigen guten Schriften, vielen eher schlechten Kopien und einer Menge an unnützen und wilden Fonts. Bei jedem neuen Projekt streckt man die Fühler aus – und landet doch oft wieder bei den Klassikern. Ich habe meine Ausbildung zum Mediengestalter bei einem gelernten Schriftsetzer gemacht, vielleicht hat das rückblickend mehr geprägt als man damals dachte. 

Auf der Suche nach einer Schrift, die durch ihre hohe Lesbarkeit überzeugt, spannend die Zeilen füllt und sich durch verschiedene Schnitte kontrastreich kombinieren lässt, bin ich schon 2015 auf die FF Franziska von Jakob Runge gestoßen. Bis heute liebe ich sie und sie überrascht uns immer wieder, vor allem durch die enorme Liebe zum Detail, ihren Variantenreichtum und den tollen Ausbau was Sonderzeichen & Co angeht. Jakob Runge schreibt: »Halb Antiqua, halb Egyptienne« und diese Mischung macht den Charakter der Franziska aus! Mein Tipp: die Kursive Hair Italic: einfach bezaubernd!

Lieblingsschrift_FranziskaLieblingsschriften der Designer: Franziska Lieblingsschriften Franziska

Lieblingsschriften der Designer: Typo Franziska

Weinwerkstatt Broschüre mit Typo Franziska

Mockup einer Broschüre für ein Weingut von jo’s Büro für Gestaltung
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5. Euclid Flex

Variabel angewandt von Manuel Kreuzer, Gründer des Büro für visuelle Gestaltung, Passau

Foto: Simona Kehl

Ich bin ja grundsätzlich fast täglich auf der Suche nach Schriften und dessen Neuerscheinungen. Daher »verliebe« ich mich doch recht oft in einige Entdeckungen und muss die meistens dann auch gleich haben. Als ich aber Ende 2016 auf der Suche nach einer geeigneten Schrift für mein damals neu gewonnenes Projekte, das 18. Landshuter Kurzfilmfestival, war, stieß ich schließlich auf die 2016 erschienene Euclid Flex  von Swiss Typefaces. Ich wollte damals ein variables Erscheinungsbild für das Festival gestalten und die Euclid Flex war dazu der beste »Partner« für das Vorhaben. Die Euclid Flex ist eine klare, geometrische Sans Serif, die wie der Name schon sagt, extrem flexibel einsetzbar ist. Die Schrift ähnelt der 1970 erschienen Avant Garde, ist aber durch die Vielzahl von eigenständigen Buchstabenvarianten und Stylistic-Sets extrem wandelbar und für die unterschiedlichsten Projekte einsetzbar. 2017 erweiterten die Type-Designer die Schrift noch um die Euclid Circular A + B, Euclid Square und Euclid Triangle. So ist mittlerweile eine umfangreiche Schriftfamilie erhältlich, die sich mit 5 Kollektionen und 54 Styles, mit 1000 Alternativen und Ligaturen ganz schön sehen lassen kann. Ich liebe sie!

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6. FF Mark

Schnell eingesetzt von Heike Nehl, geschäftsführender Gesellschafterin von Moniteurs, Berlin

»Ja, es gibt sie schon, Lieblingsschrif­ten. Schriften, die man auf Anhieb mag und sofort haben will! Mir ging es so mit der damals gerade erschienenen FF Mark von Hannes von Döhren, Christoph Koe­berlin und dem ganzen FontFont Type Department. Eigentlich sollte sie nur als Schriftmuster für die Promo­tion-Site www.fontwalk.de auftauchen, und schon denkt man darüber nach, wofür man diese Schrift alles verwenden könnte. Manchmal ist da eben zuerst die Schrift. Wir haben sie dann als Webfont gleich für ein Konferenz-Corporate-Design (bauen-mit-carbon.net) eingesetzt, und ich bin sicher, dass da noch Vieles folgen wird.

Durch ihre Geometrie hat sie etwas Architektonisches. Das bedeutet, ich kann sie mir auch sehr gut für ein Leitsystem vorstellen. Die FF Mark ist von 2013, mit Klassikern verwandt, aber neu gedacht – ich bin verliebt!«

 

Die klare Serifenlose FF Mark eignet sich für viele Anwendungen, Moniteurs würde sie am liebsten in einem Leitsystem verwenden

6. FF Mark

Ebenfalls ausgewählt von Erik Spiekermann, Managing Partner von edenspiekermann, Berlin

»Viele Köche verderben den Brei? Keineswegs. Letztes Jahr fiel im FontFont TypeBoard der Entschluss, durch einen direkten Auftrag an den Berliner Typedesigner Hannes von Döhren eine Lücke im Angebot der FontFont-Bibliothek zu schließen. Er sollte eine geometrische Grotesk entwickeln, angesiedelt zwischen Futura und Gotham. Also klassisch und generisch zugleich.

Hannes machte nach unserem Brie­­fing die ersten Skizzen, Christoph Koeberlin, Schriftentwickler bei FSI, übernahm die technische Umsetzung und den Ausbau der Familie. Die FSI-Mitarbeiter Andreas Frohloff und Ivo Gabrowitsch sowie meine Wenigkeit warfen immer wieder einen Blick auf die Skizzen. Erik van Blokland und Stephen Coles gaben Rat und Anregun­gen. Und obwohl wir uns nicht immer einig waren, wurde die FF Mark doch endlich fertig. Sie bekam sogar eine eigene Website (www.ffmark.com), er­dacht von Alexander Roth bei FSI und umgesetzt von Rob Meek, der schon die FontStruct-Site und etliche Plug-ins programmiert hat.

FF Mark ist prägnant und hat Charakter, aber keine Eitelkeiten. Sie ist darüber hinaus ausgezeichnet lesbar, wenn auch nicht platzsparend – vor allem die Ziffern sind toll. Wie jede gute neue Schrift ist sie natürlich mit allen Schikanen ausgebaut: vier unterschiedliche Ziffernsätze, alle Akzente, Kapitälchen und etliche OpenType-Features. Für Web und Print gleichermaßen perfekt geeignet und in sämtlichen Formaten vorhanden. Ich bin überzeugt, dass wir diese Schrift bald häufig sehen werden.«

 

Zwischen Futura und Gotham angesiedelt ist die kürzlich erschienene geometrische Grotesk FF Mark (www.fontfont.com)


                                              PAGE lesen und nichts mehr verpassen.
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7. Logo-Schriftzug »Die Freundin«

Wiederentdeckt von Akiem Helmling, Mitbegründer von Underware, Den Haag

»Meine Lieblingsschrift 2013 ist das Logo der Frauenzeitschrift »Die Freun­din« aus den 1930er Jahren. Der amerikanische Künstler Reynold Reynolds machte mich auf diese vom Bund für Menschenrecht herausgegebene Zeitschrift für lesbische Frauen und das schöne Logo aufmerksam. Während der Arbeit an seinem Projekt »The Lost«, das auf einem deutschen Film aus den Dreißigern basiert, der damals wegen der Zensur nicht fertiggestellt werden konnte, hatte Reynolds die Zeitschrift entdeckt. Genau wie der Film wurde auch die Zeitschrift von den Nazis als »entartet« eingestuft und musste ihr Erscheinen 1933 einstellen.

Der dänische Philosoph Kierkegaard sagte einmal: »Verstehen kann man das Leben nur rückwärts, leben muss man es vorwärts.« Persönlich würde ich mich freuen, wieder öfter »entartete« Dinge, Schriften oder Designs zu sehen. Es muss nicht unbedingt eine Fraktur sein. Aber mehr Vielfalt ist momentan durchaus möglich.«

 

Das Logo der Zeitschrift »Die Freundin« aus den 1930er Jahren inspiriert Akiem Helmling gerade heute

 
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8. Macula und 9. FF Zine

Gefunden von Julia Sysmäläinen, Designerin bei edenspiekermann, selbstständig als Juliasys, Berlin

»Das Jahr war für mich geprägt von einer großen Sorge: Mein Mister K, der mir sehr nahesteht, wechselte ständig seine Partnerinnen. Da war es eine Riesenerleichterung, als ich erfuhr, dass die Firma hard graft ihn zu einer festen Partnerin verdonnert hat. Die solide, bodenständi­ge, aber auch etwas zackige Zine Serif von Ole Schäfer ist keine Femme fatale, aber eine verlässliche und resolute Begleitung. Ich schätze an ihr ihre kräftigen, charakter­vollen Züge, die, obwohl Zine nicht mehr ganz jung ist, nicht so schnell out of trend sein werden. FF Zine ist funktional und weiß im Gegensatz zur Mister K, wo es langgeht. Fest in Leder geprägt, passen Mister K und Zine prima zusammen (Gegensätze ziehen sich an). Und die Beziehung funktioniert so reibungslos, dass sie ewig währen möge.

So viel zu dieser Vernunftehe. Begeis­tern konnte ich mich für die Macula von Jacques Le Bailly. Sie spielt mit optischen und perspektivischen Täuschungen und bietet enorme Gestaltungsmöglichkeiten. Ma­cula bildet den Kern des von mir bei edenspiekermann entwickelten Erscheinungsbilds für die TEDx-Konferenz City 2.0, die im Sommer in Hamburg und im September in Berlin stattfand. Keine Schrift für jede Anwendung, aber, wenn es passt, ein tolles Stück Typedesign

 

Hilfe, Mister K geht fremd (oben) … und bekommt deshalb die seriöse Partnerin Zine Serif (unten) zugeteilt (www.fontfont.com)

 

Beim Auftritt der Konferenz TEDx kam die Layerschrift Macula von Jacques Le Bailly zum Einsatz (www.boldmonday.com)

 


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10. PTL Superla

Bewundert von Verena Gerlach, Inhaberin des Designstudios fraugerlach, Berlin

»Ich bin ein Riesenfan der PTL Superla von Karl-Heinz Lange. Ich setze sie ger­ne ein, wenn das zu gestaltende Buch zeitlos und doch modern und dazu noch elegant werden soll. Die Superla ist eine Neubearbeitung der ehemaligen Super von Typoart Dresden, die schon als passender Ersatz für die Futura gedacht war. Sie ist eine schöne geometrische Serifenlose, die sich, im Gegensatz zur Futura, hervorragend für den Textsatz eignet, zum Beispiel durch kürzere Ober- und Unterlängen. Sie besitzt sehr ausgewogene Versa­lien, weshalb ich sie gerne für Bildunterschriften oder Überschriften im Ver­salsatz verwende. Auch lässt sie sich schön mit klassischen Serifenfonts – also geometrischen und nicht Renaissance-Antiqua-Schriften – verbinden. Darüber hinaus ist sie überhaupt nicht gesichtslos, auch wenn sie sich ausgezeichnet der restlichen Gestaltung unterordnen lässt.«

Zeitlos und doch modern ist die geometrische Serifenlose Superla von Karl-Heinz Lange (www.primetype.com)

 
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11. Nocturno

Entdeckt von Miran Tomicic, Kreativdirektor bei Bruketa&Žinic, Zagreb

»Diese Schrift wird in Kürze so richtig durchstarten. Nocturno und Nocturno Display sind zwei brandneue Fonts von Nikola Djurek, einem Landsmann von mir, der für sein, zusammen mit Marija Juza entwickeltes Schrift­system Balkan 2012 beim TDC2 ausgezeichnet wurde. Ich bewundere seine Arbeit und freue mich immer sehr, wenn in seiner Foundry Typonine etwas Neues erscheint.

Nocturno eignet sich für Text und Headlines, sie ist für schicken, sorgfältigen Schriftsatz gemacht. Die rollen­de, dunkle Silhouette ihrer Buchstaben ergibt ein beruhigendes, aber trotzdem kraftvolles Schriftbild. Vor allem die komplexen Anforderungen des Editorial Designs kann Nocturno hervorragend erfüllen – ich kann es kaum abwarten, sie in einem solchen Projekt anzuwenden.«

 

 

Kraftvoll und elegant: Nikola Djureks Nocturno und Nocturno Display (www.typonine.com)

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12. Azo Sans

Geschätzt von dem 2014 verstorbenen Peter Bruhn, Gründer der Foundry Fountain, Limhamn, Schweden

»Ich mag die Azo Sans des portugiesischen Typedesigners Rui Abreu. Sie ist eine klassische geometrische Serifenlose, inspiriert von den konstruktivisti­schen Schriften der 1920er Jahre. Was ich an ihr aber besonders gut leiden kann, ist ihr humanistischer Touch. Da­durch ist sie in längeren Texten sehr gut zu lesen, behält aber trotzdem ihren nüchternen, rationalen Charakter. Mit ihren zwölf Schnitten von Thin bis Black plus Italics, bietet sie Vielfalt für quasi jede gestalterische Herausforderung. Ich habe sie schon in einigen Katalo­gen eingesetzt – sowohl für den Fließtext als auch die Randbemerkungen.«

Der humanistische Einschlag der von Rui Abreu gestalteten geometrischen Azo Sans zeigt sich zum Beispiel in den leicht nach rechts geneigten Kurven bei h, n und m (www.r-typography.com)

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13. Urge Text

Gemocht von Dirk Uhlenbrock, Typedesigner, freier Kreativdirektor und Mitbegründer von erste liga büro für gestaltung, Essen

»Ich habe mich ganz spontan in die Urge Text verliebt. Die Schrift stammt von dem britischen Typedesigner Dave Rowland, der als Ein-Mann-Unternehmen die Foundry Schizotype betreibt. Es ist eine frische, gut ausgebaute Antiquafamilie mit interessanten Details: beispielsweise den dicken Kugelen­dun­­gen einiger Buchstaben oder dem Kontrast zwischen runden und ecki­gen Formen der Regular- und Italic-Schnitte. In den kursiven Schnitten hat die obere Hälfte der Buchstaben klassisch kursive Formen, die untere Hälfte dagegen mehr gerade. Dadurch stehen die Italics gut auf der Linie und lassen sich besser lesen. Wir planen, demnächst ein Magazin für den deutschen Buchhandel mit dieser Schrift zu realisieren – auf dieses Projekt freue ich mich schon.«

Liebenswert: Die dicken Kugelendungen einiger Buchstaben ziehen sich durch alle 24 Schnitte der Urge Text von Dave Rowland (www.myfonts.com

 
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14. Malabar und 15. Neutraface

Heiß diskutiert von Roman Hilmer und Karin Kreuder, Kreativdirektor und Typo-Expertin bei Fork Unstable Media, Hamburg

»Wir konnten uns einfach nicht auf eine Schrift einigen. Zwei ganz unterschiedliche sind unsere Favoriten. Zum einen die 2008 von Dan Reynolds gestaltete Malabar, die wir für unser Erscheinungsbild nutzen. Wieso? Weil es sich um eine ausdrucksstarke Serifenschrift handelt, die wie in Stein gemeißelt wirkt, aber trotzdem elegant und zeitgemäß daherkommt. Besonders in den Bold-Schnitten und in großer Schriftgröße wird jedes in Malabar gesetzte Wort zum Statement. Die geringe x-Höhe verleiht ihr einen souveränen und ruhigen Charakter. Dan Reynolds hat sie ursprünglich für den Einsatz in Zeitungen konzipiert, vor al­lem für den Markt in Indien, wo Tageszeitungen noch eine führende Form der Kommunikation sind. Durch die klaren, einfa­chen Formen der Buchstaben, die stabil und robust wirken, ist sie aber auch als Webfont bestens geeignet.

Die serifenlose Neutraface zeichne­te Christian Schwartz 2002, angelehnt an die Buchstaben und Ziffern, die der Architekt Richard Neutra in sei­nen Zeichnungen verwandte. Demzufolge verkörpert sie das Flair der 1950er Jah­re, ist klassisch, edel und geo­metrisch perfekt. Neutraface gefällt uns deshalb auch im Kontext des momentan so angesagten Flat Designs sehr gut. In den Italic-Schnitten wirkt sie trotz der geometrischen Formen weiblich, verspielt und dynamisch, was perfekt zu CAR.A.MIA, unse­rem Online-Automa­gazin für Frauen passt. Jetzt müssen wir nur noch daran arbeiten, dass Neutra­face auch als Webfont erscheint.«

Ursprünglich als Zeitungsschrift entwickelt, sieht Dan Reynolds’ Malabar auch im Web sehr gut aus (www.linotype.com)

Mit ihrem 50er-Jahre-Flair passt die von Christian Schwartz gezeichnete Neutraface (www.houseind.com) prima zum Online-Automagazin CAR.A.MIA

 
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16. Gustavs Handschrift

In Auftrag gegeben von Christine Krawinkel, freie Grafikerin und Artdirektorin für PAGE, Hamburg

»Wahrscheinlich kennt das jeder Grafiker: Zu jedem Familienereignis müssen wir ran. Jede Einladung vom 40. bis zum 80. Geburtstag entwerfen wir (mit passenden Tischaufstellern), jede Hochzeitszeitung (wenn wir sie nicht gleich ganz machen müssen) bestücken wir mit Rezepten. Seufz. So war ich auch mal wieder gefragt, als mein Neffe geboren wurde. Ich ließ meine Tochter in ihrer Kinderhandschrift »Tristan« schreiben, dazu eine schöne Grotesk, alles ins Babyfoto platziert, fertig war die Geburtskarte. Dieses Konzept machte Furore. Ei­ne Freundin meiner Schwester wollte genau das Gleiche für Thies, deren Freundin für Vinzent, meine Mutter wünschte es sich für eine Mathilda. Und immer schrieb meine Tochter brav in ihrer niedlichen Schrift und wurde am Gewinn beteiligt.

Dieses Jahr wurde Milla Liv geboren. Und wieder wurde das gleiche Prinzip bestellt. Doch ach, wie schreibt denn mein Mädchen plötzlich? Das ist ja so … erwachsen!!! Das geht so nicht mehr. Da hüpft mein Sohn (10 Jahre) vorbei. Könnte er nicht mal kurz etwas für mich schreiben? Er lehnt spontan ab. Schreiben ist nicht gerade die Kulturtechnik, die er erfunden hätte. Erst die 5 Eu­ro können ihn überzeugen. Klaglos schreibt Gustav unter den kritischen Augen seiner Mutter ein ganzes DIN-A4-Blatt voll Milla Livs. Schön macht er das. Für dieses Mal bin ich noch davongekommen.«

 

 

Kostet nur 5 Euro: Gustavs Handschrift für eine Geburtskarte
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Dieser Beitrag ist erstmalig erschienen am 15.01.2015.

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Step by Step zum animierten Variable Color Font

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Mit variablen farbigen Schriften gestaltet Arthur Reinders Folmer charmante bewegte Typoillustrationen. Hier zeigt er Step by Step, wie man einen Variable Color Font in Glyphs anlegt und dann animiert.

Variable Fonts Initialienalphabet Arthur Reiners Folmer
Eis adé: Das schmelzende M – mit dem Arthur Reinders Folmer auch auf das Verschwinden der Gletscher aufmerksam machen will – ist Teil eines ganzen animierten Initialenalphabets.

Zwischen Tage mit der Arbeit an kommerziellen Buch-, Plakat-, Ausstellungs- oder Webdesignprojekten quetscht Arthur Reinders Folmer immer wieder einen mit seinen Typoexperimenten. Weil es ihn in den Fingern juckt und weil diese »Font-Abenteuer«, die die Grenzen zwischen Typedesign und Illustration verschwimmen lassen, Inspiration fürs Tagesgeschäft liefern. In Glyphs gestaltet der niederländische Designer Variable Color Fonts, in denen die Buchstaben gerne mal die Form von Eisbergen, Einhörnern oder Edelsteinen annehmen und – in Websites eingebettet – in Bewegung geraten.

»Grundsätzlich sind Fonts nichts anderes als Vek­torzeichnungen, die jeweils Unicodes zugeordnet sind, sodass sie sich über die Tastatur eingeben lassen sagt Arthur Reinders Folmer. »Natürlich enthält ein Font auch andere Informationen wie Spacing oder Kerning, aber spannend werden sie durch die Vektoren. Dank ihnen sind sie skalierbar, und man kann zeichnen, was man will – eben auch Illus.« Farbig werden diese durch die Fähigkeit von Color Fonts, verschiedene Farblayer in einer Schriftdatei zu vereinigen. Das Variable-Fonts-Format ermög­licht schließlich die fließende Interpolation zwischen zwei Bildern.

Vorteil: Animierte Variable Color Fonts statt GIF

In eine WOFF2-Datei konvertiert und mit wenigen Zeilen Code versehen, lassen sich die Typoillus in animierter Form als charmante Eyecatcher in Websites verwenden. Dabei kann man die Animation vorgeben – wie hier das Schmelzen des M – oder sie durch äußere Faktoren steuern lassen. Ein Vorteil der animierten Variable Color Fonts gegenüber einem GIF: Sie lassen sich mit Sensoren koppeln, sodass sie zum Beispiel auf Tageszeit oder Bewegungen reagieren können. Außerdem sind sie hinsichtlich der Darstellungsqualität und kompakteren Dateigröße überlegen.

»Wahrhaftige Typefaces«: Joe Biden setzt im Wahlkampf auf neue Fonts

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Wahrhaftig und erklärend: Für die Präsidentschaftswahl 2020 im November hat Joe Biden mit der legendären Foundry Hoefler&Co. zwei neue Fonts ausgewählt.

Hoefler&Co., legendäre Schriftenschmiede von Typedesign-Star Jonathan Hoefler (hier über sein mitreißendes Netflix-Porträt), hat zwei ihrer Schriften für die Präsidentschaftskampagne von Joe Biden ausgewählt.

Und die Foundry hat Erfahrung darin, sie begleitete bereits die Obama-Kampagne typografisch.

Wahrhaftigkeit und Wahrheit sind zwei der Schlagworte von Joe Bidens Kampagne, die er symbolträchtig am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag, auszurollen begann.

Unterstrichen wird der Anspruch des Demokraten jetzt durch die Schriften Decimal (hier von PAGE vorgestellt) und Mercury Text, die sich nahtlos in das bereits bestehende Erscheinungsbild der Kampagne einfügen und darin unterschiedliche Aufgaben ausfüllen.

Typografie mit Wahrheitsanspruch

Während die Decimal, eine moderne, serifenlose Schrift, die von den Zifferblättern von Uhren inspiriert ist, für schlagkräftige Aussagen genutzt wird, ist es die Aufgabe der Mercury Text diese auszuführen und zu erklären.

Hoefler&Co., die beide Schriften bereits in ihrem Portfolio hatten, setzen darauf, die anspruchsvollen Botschaften der Kampagne mit klarer Typografie möglichst weitreichend zu vermitteln – für eine Präsidentschaftswahl, die für die ganze Welt entscheidend ist.

Oder wie Robyn Kanner, Senior Creative Advisor der Biden-Kampagne, die eng mit Hoefler&Co. zusammenarbeitete, es sagt: »Unsere Typografie ist der Wahrheit verpflichtet.«

Serifenschrift Marilka

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Von der Hamburger Typedesignerin Anita Jürgeleit kommt eine neue, elegante Antiquafamilie.

MarilkaOpener

Wie alle Eltern, die in Corona-Zeiten ihre Kinder zu Hause betreuen müssen übte sich auch Anita Jürgeleit im Spagat zwischen Arbeit und Familie und dachte schon, ihre Schrift würde niemals fertig. Stimmt aber nicht, es hat nur etwas länger gedauert und jetzt ist Marilka fertig – ihre kleine aber feine Schriftfamilie für charakterstarken, eleganten Text. Zwar gestaltete die Typedesignerin Marilka für Lesetexte. Durch ihre eleganten, leicht condensed laufenden Buchstaben mit den langen, kantigen Serifen, macht sie aber auch in Headlines eine gute Figur.

Marilka gibt es in den vier Schnitten Light, Regular, Medium und Bold, an den Kursiven arbeitet Anita Jürgeleit noch. Die Familie, die auch über verschiedene OpenType-Features verfügt, bietet volle lateinische Sprachunterstützung inklusive Vietnamesisch.

Wer Marilka ausprobieren möchte kann sich auf Anita Jürgeleits Webseite eine kostenlose Demo-Version herunterladen. Wer sie dann kaufen möchte sollte das bis zum 23. Juli tun, solange gilt bei Myfonts und Fontspring der um rund 80 Prozent reduzierte Einführungspreis von etwa 15 Euro.

 

MarilkaSettings

Marilka sieht in kleinen und großen Größen gut aus.

 

MarilkaSchnitte

Die Familie umfasst vier Schnitte und unterstützt auch Vietnamesisch.

 

MarilkaKonstruktio

Ganz einfach Glyphen finden

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Die macOS-App Entity Pro unterstützt User bei der Suche nach einem bestimmten Zeichen oder Emoji.

EntityCover

Wer sich schon mal auf die Suche nach genau diesem einem Zeichen, das man irgendwo gesehen hat gemacht hat weiß, wie nervig diese Suche sein kann. Martin Lexow, Designer und Developer aus Potsdam, entwickelte kürzlich die macOS App Entity Pro, die Glyphen für den Anwender sehr schnell auffindbar macht.
Martin Lexow liebt Typografie, hat Design studiert und lehrt seit vergangenem Jahr an der FH Potsdam. Hinsichtlich digitaler Typografie fällt ihm dabei immer wieder auf, dass Glyphen selbst von guten Gestaltern nicht oder nicht richtig verwendet werden. Daher liefert Entity Pro auch Erklärungstexte für die typografisch relevantesten Glyphen, damit diese nicht nur gefunden, sondern auch richtig gesetzt werden können.

EntityAsterism

Auch legte Martin Lexow besonderen Wert auf Details: Bestimmte Glyphen wie etwa Anführungszeichen werden in einer Serifenschrift dargestellt, um sie von optisch ähnlichen Zeichen wie in diesem Fall dem Minutenzeichen besser unterscheiden zu können. Für unsichtbare Glyphen wie Leerzeichen zeichnete er sprechende Icons (einfach mal nach »Space« suchen).

In der Kartenansicht ist die Darstellung insgesamt größer und übersichtlicher, das Fenster beliebig skalierbar und wahlweise in Hell oder Dunkel darstellbar. Markiert man eine Glyphe und drückt die Leertaste gelangt man in eine Detail-Ansicht, die die Glyphe in groß und im Verhältnis zu ihrer Grundlinie, der x-Höhe und so weiter darstellt.
Entity Pro liefert die Glyphen selbst, die dazugehörigen Unicodes (Hex), Decimals, HTML und Swift Entities.

EntityKarten

Das praktische englischsprachige Tool enthält etwa 16 000 sorgfältig ausgewählte Glyphen. In den Einstellungen kann man »Kollektionen« auswählen und es ist auch möglich, sich eine eigene Auswahl an Glyphen zusammenzustellen. Bei Bedarf kann der Anwender jeden Unicode zu der App hinzufügen — insofern umfasst sie eigentlich alle 138.000 Zeichen des aktuellen Unicode-Standards. Für 5,49 Euro ist sie im Mac App Store erhältlich.

Martin Lexow arbeitet kontinuierlich weiter an seiner App und hat auch schon das erste Update – Entity Pro 1.1 – herausgebracht. Neu ist hier zum Beispiel die Spotlight-Unterstützung, eine erweiterte Tastatur-Steuerung oder die Lokalisierung für Deutsch, Französisch, spanisch und Italienisch.

EntitySymbole EntityEmojis


Streifen-Font Octothorpe

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Der hypnotisierende Displayfont Octothorpe tritt in die Fußstapfen der berühmten Seventies-Schrift Stripes von Tony Wenman.

OctothorpeCover

Die Geschichte der Octothorpe begann mit einer Seite aus dem »Manual de Caligrafía« von Jorge E. Betanzos aus dem Jahr 1978. Zu sehen waren darauf Displayfonts wie Astra, Good Vibrations, Piccadilly und vor allem Stripes. Diese multilineare Schrift von Tony Wenman hatte Letraset 1972 veröffentlicht – und Jorge Iván Moreno Majul war von ihr so begeistert, dass er ein Revival gestaltete. Der mexikanische Typedesigner ergänzte die für eine heutige Schrift notwendigen Glyphen, darunter die kompletten Kleinbuchstaben.

Das akribische Zeichnen unzähliger Bézierkurven brachte ihn zwar an den Rand des Nervenzusammenbruchs, schließlich aber war die umfangreiche Octothorpe-Familie fertig. Sie enthält neben der lateinischen nicht nur eine kyrillische und eine griechische Version, sondern auch Swashes, Alternativzeichen, Ligaturen und verschiedene Ziffernvarianten. Dank Contextual Alternates kann der Anwender entscheiden, ob sich die Buchstaben verbinden sollen oder nicht. Hypnotisch, lebendig und trotz der vielen Streifen erstaunlich gut lesbar – Jorge Iván Moreno Majuls Octothorpe ist ein würdiger Nachfolger der Stripes. Für knapp 80 Dollar kann man sie bei der argentinischen Foundry PampaType kaufen.

OctothorpeWährung

Neben diversen Swashes, Ligaturen und Alternativzeichen enthält Octothorpe auch viele Währungssymbole.

OctothorpeAlternates  OctothorpeZahlen OctothorpeBunt  OctothorpeBrüche OctothorpeAufmacher OctothorpeSwashes OctothorpeText Octothorperotgrün

Flare Serif Leifa

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Selbstbewusst, zeitlos und elegant ist die neue Schrift von Moritz Kleinsorge.

LeifaAufmacher

Faulheit kann man dem Typedesigner aus Düsseldorf wirklich nicht vorwerfen, Leifa ist bereits seine fünfte Schriftfamilie, die in diesem Jahr erscheint. Es ist eine Flare Serif, fast eine Serifenlose, aber mit Kontrast, die sich mit ihrem freundlichen Charakter besonders gut für Branding und Editorial Design eignet. Wiedererkennbar wird die Familie vor allem durch den Kleinbuchstaben f, die Flare Serifs sowie die spitzen Sporne.

Im Mengentext sind die abgeflachten Serifen und scharfen Sporne zurückhaltend, fast schon unauffällig, in Displaygrößen entfalten sie dann ihr visuelles Potenzial und sorgen für einen organischen und humanistischen Touch.

Moritz Kleinsorges Leifa besteht aus acht Strichstärken von Thin bis Black mit passender Italic, jeder Schnitt besteht aus einem Zeichensatz von etwa 615 Glyphen. Zudem enthalten vier Stylistic Sets zum Beispiel ein einstöckiges a (ss01), ein einfaches f (ss02), ein dreistöckiges g (ss03) sowie dünne Interpunktionszeichen (ss04). Außerdem finden sich eine Reihe von Ligaturen, Tabellenziffern und -symbolen, Case Sensitiven Formen oder Brüche.

Bis zum 1. September gibt es bei Myfonts die gesamte Familie sowie die einzelnen Schnitte für 80 Prozent des normalen Preises. Die komplette Familie kostet somit nur ca. 40 Euro.

LeifaThin

In großen Größen kommen die charakteristischen Merkmale der Leifa besonders gut zur Geltung.

LeifaEditorialLeifa eignet sich besonders fürs Editorial Design.

LeifaText LeifaSchnitte LeifaKonstruktion  LeifaCover LeifaBold

Fontwerk: Neue Foundry plus Fonttechnik

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Es gibt sie noch: die unbeugsamen Geister, die sich der Konzentration im Schriftenmarkt entgegenstellen. Das gestern online gegangene Fontwerk gehört auf jeden Fall dazu.

FontwerkHome

Erik Spiekermann bezeichnete Fontwerk als »FontFont 8.0«, Gründer und Geschäftsführer Ivo Gabrowitsch nennt es Schriftverlag plus einen Type-Service-Dienstleister. Seit er sich Ende 2018 von Monotype verabschiedet hatte, arbeitete er zusammen mit vielen Freunden an Fontwerk.

Jetzt also ist die Foundry gestartet, mit zehn Familien und 105 Fonts von neun fantastischen Designerinnen und Designern. Ebenso viele Familien von ebenso vielen Designern sind bereits in der Pipeline und es sollen noch viel mehr werden. »Vielleicht«, so Ivo Gabrowitsch, »ist Fontwerk die erste Foundry der letzten Jahrzehnte, die nicht von einem Type-Designer zum Vertrieb seiner eigenen Schriften aufgebaut wurde.«

Hinter Fontwerk steckt ein ziemlich bunter Haufen, Köpfe, die in der Branche wohlgekannt sind und einen erstklassigen Ruf genießen:

FontwerkIvo

Gründer Ivo Gabrowitsch war viele Jahre Marketingleiter von FontShop International und nach der Übernahme durch Monotype zuletzt als Senior Director of Marketing zuständig für das Digital-Commerce-Geschäft um MyFonts, Linotype, FontShop, Fonts.com und FontExplorer X.

 

FontwerkAndreas

Type-Director Andreas Frohloff stieß im Sommer 2019 dazu. Seine lektorierende Rolle ist ein entscheidendes Element der Verlagsidee. Bereits bei FontFont wurde sie von zahlreichen Designern geschätzt, viele berufen sich bis heute auf die erfolgreiche Zusammenarbeit. 16 Jahre lang leitete er das Type Department. FF DIN, FF Meta, FF Mark, FF Spinoza – in allen diesen Schriften steckt auch Andreas Frohloffs Wissen und Fertigkeit. Ursprünglich als Fonttechniker tätig, verantwortet er bei Fontwerk außerdem Mastering und Produktion und somit die technische Qualität der Fonts.

 

FontwerkChristoph

Font-Engineer Christoph Koeberlin unterstützt die neue Foundry in seiner Paradedisziplin Fonttechnik. Er half beim Aufbau eines schlagkräftigen Engineering-Teams und Produktionsworkflows. Geschätzt wird er auch als Ideen- und Impulsgeber sowie als kritischen Geist und Freund.

 

FontwerkDaniel

Font-Engineer Daniel Weiand komplettiert vorerst das Technikteam. Auch er ist Typedesigner und Font-Engineer. Er zeichnet Logos, Wortmarken und Schriften, produziert und mastert Fonts und schreibt Skripte zur Fontproduktion.

Aus dem typografischen Epizentrum Berlin heraus agieren sie als festes Team und internationales Netzwerk aus Designern, Fonttechnikern und Marketingexperten, die neben Retailschriften innovative Fonttechnik für anspruchsvolle Agenturen, Designer und Brands anbieten. Viele der Fontwerker entstammen dem ursprünglichen FontShop-Universum; dem Ort, wo typografische Trends gesetzt, einfache Lizenzmodelle ersonnen, experimentelle Grenzen ausgelotet wurden und die größte Bibliothek zeitgenössischer Schriften entstand. »Diese DNA tragen in uns und entwickeln sie weiter – 100 Prozent unabhängig,« so Ivo Gabrowitsch.

Auch die Namen der Designer, die die ersten zehn Schriftfamilien beisteuerten kennt man: Felix Braden, Aad van Dommelen, Jörg Hemker, Christoph Koeberlin, Nobel lee, Loris Olivier, Ulrike Rausch, Katja Schimmel und Franziska Weitgruber. Bei so viel vereintem Know-How kann eigentlich nichts schiefgehen!

FontwerkMcQueen

FontwerkStart

Kochen mit Emigre

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Einen schönen und zugleich nützlichen Schriftkatalog gibt es bei der kalifornischen Kult-Foundry.

EmigreKochbuchZitat

 

Insgesamt 21 Rezepte von Zuzana Licko, die Emigre zusammen mit Rudy VanderLans 1984 gegründet hatte, laden zum Anschauen und Nachkochen ein. Gesetzt sind die Rezepte in den verschiedensten Emigre Fonts, zum Beispiel Fairplex, Vista, Vendetta oder Mr und Mres Eaves. Besonders schön ist der Iconfont Chowdown des Künstlers Tucker Nichols, der dem von Rudy VanderLans gestalteten Koch-Booklet seinen Namen gab. Auf der Emigre Webseite kann man es kostenlos herunterladen.

 

EmigreKochbuchAlda

Lecker: Emigre präsentiert seine Fonts mit Kochrezepten von Zuzana Licko.

EmigreKochbuchCover

EmigreKochbuchInhalt

 

EmigreChowdownGemüs

Der Iconfont Chowdown von Tucker Nichols gab dem Booklet seinen Namen.

EmigreChowdownFisch

EmigreChowdownKuh

EmigreChowdownCover

Schönes Typo-Quiz

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Hätten Sie’s gewusst? Mit der kostenlosen iOS-App Typo-Quiz lässt sich ganz nebenbei etwas lernen.TypographyNerdQuiz

Kürzlich erschien die App Typo-Quiz von Typography Nerd – der Website des Stuttgarter Designers und Coders Ben Göck mit viel Wissenswertem rund um das Thema Typografie und Schrift. Mit dem Quiz kann nun jeder Typofan sein Wissen testen. Zu beantworten gibt es per Multiple Choice fünfzig Fragen aus den vier Kategorien »Basics«, »Detailtypografie«, »Anatomie« und »Fonts«. Egal, ob richtig oder falsch – zu jeder Antwort liefert die App eine passende Erklärung. Bei einer Frage zur Buchstabenbreite etwa, dass ein Geviert die quadratische Fläche des Schriftkegels aus dem Bleisatz ist und der Breite eines Versal-M entspricht. Die App verlinkt zudem auf die passenden Typography-Nerd-Sticker, mit denen sich jeder iMessage-Chat typografisch verschönern lässt – sogar im Dark Mode. Das Typo-Quiz ist für iPhone und iPad (iOS 13) kostenlos im App Store erhältlich.

TypographyNerdApostroph   TypographyNerdVersal

 

TypographyNerdSticker

Für alle Typo-Freaks, Schriften-Fans und Buchstaben-Liebhaber gibt es nun eine kleine Sammlung an typografischen Stickern für iMessage.

Programme entwerfen: Designklassiker zum kostenlosen Download

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Zum Geburtstag von Paul Gerstner, der Anfang Juli 90 Jahre alt geworden wäre, kann man sein legendäres Buch »Programme entwerfen« kostenlos downloaden. Darin u. a. seine Überarbeitung der Akzidenz-Grotesken.

Natürlich ging es nicht um Computerprogramme als Paul Gerstner (1930-2017) sein bekanntestes Buch »Programme entwerfen« in den 1960er Jahren herausbrachte.

Vielmehr beschreibt der Mitgründer der Agentur ggk in dem Werk, dem das MoMA New York sogar eine Einzelausstellung widmete, seine gestalterische Methoden und Kreativtechniken.

An ausgewählten Arbeitsbeispielen erläutert wie man mit Hilfe der »morphologischen Methode« komplexe Problemstellungen löst, wie man analysiert und daraus gestalterische Lösungen ableitet.

2007 hat der Frankfurter Typograf Harald Geisler das Buch gemeinsam mit Paul Gerstner überarbeitet und stellt es jetzt auf deutsch und englisch kostenlos als Download zur Verfügung.

Hier kann man das Buch als PDF herunterladen: auf deutsch »Programme entwerfen«, auf englisch »Designing Programms«.

 

 

Freefont Lines

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Klassisch und gleichzeitig modern ist die Linienschrift von Free Goodies For Designers.

LinesName

Momentan laufen mir ständig Streifenschriften über den Weg. Nachdem wir kürzlich den hypnotisierenden Displayfont Octothorpe vorgestellt hatten, begegnete mir jetzt der Streifen-Freefont Lines von Marcelo Reis Melo, einem der Mitglieder der kreativen Gruppe Free Goodies For Designers aus Stockholm. 

Natürlich ist Lines ist nicht ganz so aufwendig wie Octothorpe, aber durchaus zu gebrauchen, zumal das Glyphenset auch deutsche und schwedische Buchstaben enthält. Lines gibt es als TrueType-, OpenType- und als Webfont. Die private Nutzung ist frei, wer die Schrift kommerziell nutzen möchte muss etwas spenden, auch wenn es nur ein Dollar ist. Mit dem so zusammenkommenden Geld will Free Goodies For Designers die Seite, auf der es neben Fonts auch Icons und Mockups gibt, am Leben erhalten. Hier kann man Lines herunterladen.

LinesSonderzeichen

Lines enthält auch deutsche und schwedische Buchstaben.

LinesBuchstaben

LinesZahlen LinesLizenz

Die Lizenbedingungen gleich im betreffenden Font gesetzt – schöne Idee.


Color Fonts: Die Zukunft ist bunt

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Mit der Ziza beweist der Designer Mark van Wageningen, dass Color Fonts nicht nur zur Auszeichnung von Text, sondern auch zum Lesen taugen. Dank des neuen OpenType-SVG-Formats lassen sich diese mehrfarbigen Schriften kinderleicht anwenden. (P+)

Alles drin: Ziza enthält alle Glyphen, die man für das lateinische Schriftsystem braucht, sowie einen Satz Pfeile

Typedesigner denken in Schwarz und Weiß. Das hat Mark van Wageningen aus Amsterdam in seinen vielen Jahren als Grafikdesigner oft festgestellt. Hin­nehmen will er es nicht. Damit Schriftgestalter offe­ner für Experimente und damit auch Farbe werden, hat er sich mit seiner Foundry Novo Typo dem Thema Color Fonts verschrieben.

Den Anfang machte 2015 die mehrfarbige Schrift Bixa, die ursprünglich für das Typewood-Projekt ent­standen war. Dafür hatte Mark van Wageningen Buch­staben in Holz geschnitten und auf einer alten Buch­druckpresse in verschiedenen Farben übereinander gedruckt. So produzierte er eine Serie von Postern. An­schließend baute er die Bixa zu einer großen Familie mit 13 Layern aus, von denen es einen kostenlos gibt.

Color Fonts für Lesetexte

Bixa ist eine Displayschrift, die ihre Wirkung in großen Größen entfaltet. Mark van Wageningen reiz­te es nun aber, herauszufinden, ob sich Color Fonts auch für Lesetexte eignen. Und so entwickel­te er das »Novo Typo Color Book«, das sich inhaltlich mit farbigen Schriften befassen und in einer solchen gesetzt sein sollte. Da Bixa dafür nicht infrage kam, gestaltete er Ziza, eine auf Größen von 10 bis 12 Punkt ausgelegte mehrfarbige San Serif.

Anagrafe: Wortbilder als Mund-Nasen-Schutz

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Raban Ruddigkeit hat für die Werbetechnikfirma Signa drei Wortmotive mit besonderem Dreh entworfen.

Anagramme sind Wörter aus deren Buchstaben sich durch ihre Umsortierung neue Worte ergeben. Daran und an den Begriff Grafik hat der Berliner Designer, Editor und Illustrator Raban Ruddigkeit seine Anagrafe angelehnt.

Es sind Wortbilder mit besonderem typografischem Dreh, die man aus verschiedenen Blickrichtungen lesen kann, von oben und von unten.

Drei Anagrafe, Yeah, Hy und Noon sind jetzt für die Leipziger Werbetechnik-Firma Signa entstanden und dort als Mund-Nasen-Schutz erhältlich.

YEAH, it’s HY NOON! wie es bei Raben Ruddigkeit heißt.

 

Fotos: Milena Zara, Model: Carmen Redeker

Vocal Type: Schriften mit Tiefgang

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Der Designer Tré Seals gründete mit Vocal Type eine Foundry für Creatives of Color.

VocalTypeTreSeals

Auf der Suche nach Inspirationen im Netz für ein Branding Projekt fiel Designer Tré Seals, Gründer des Studio Seals in Accokeek, Maryland eines auf: Sehr viele Arbeiten sahen sehr ähnlich aus. Zufällig stolperte er einige Zeit später über eine Statistik zur Demografie in der Designindustrie. Dort las er, dass lediglich 3 bis 3,5 Prozent der praktizierenden Designer in den USA schwarz sind und etwa 85 Prozent weiß. Nun war ihm klar, warum auf den Webseiten auf denen er sich umgeschaut hatte alles so gleich aussah.

»When a singular perspective dominates an industry, regardless of any advancements in technology, there can (and has been) only one way thinking, teaching, and creating. This lack of diversity in terms of race, ethnicity, and gender, has led to a lack of diversity in thought, systems (like education), ideas, and, most importantly, creations.«

Nicht viel anders sieht es bei Typefoundries aus, auch hier gibt es nur sehr wenige, die von People of Color gegründet wurden. Deshalb machte Tré Seals gleich Nägel mit Köpfen und gründete die Foundry Vocal Type mit dem Ziel, Schriften zu veröffentlichen, die eine diversere Perspektive widerspiegeln.

„This is a type foundry for creatives of color who feel that they don’t have a say in their industry. This is for the creative women who feel that they don’t have a say in their industry. This is for the creative that is tired of being inspired by the same designs over and over again.«

Martin, Bayard, James, Eva, Ruben, Carrie, Marsha und The Neue Black heißen die acht Fonts, die er bislang anbietet. Alle haben eine Geschichte. Martin beispielsweise ist vom Memphis Sanitation Strike von 1968 inspiriert. Die Müllmänner in Memphis, die meisten von ihnen Schwarze, traten am 12. Februar 1968 in den Streik und forderten Anerkennung für ihre Gewerkschaft, bessere Löhne und sicherere Arbeitsbedingungen, nachdem zwei von ihnen von einem defekten Müllwagen getötet worden waren.

VocalTypeMartin

Eva wiederum basiert auf handgezeichneten Bannern einer Frauendemonstration von 1946 in Buenos Aires, die von Eva Perón geleitet wurde. Die Frauen trugen auf dem Nationalkongress Schilder mit der Aufschrift »Frauen können und sollten wählen«.

VocalTypeEva

Sogar kostenlos ist der Font The Neue Black, der für den Black History Month 2020 – die Beiträge von Afroamerikanern zur Geschichte der USA feiert – entstand. Er basiert auf der Beschilderung von Martin Luther King Jr. und der Chicago Freedom Movement der Southern Christian Leadership Conference (SCLC). Diese Kampagne kennzeichnete die Ausweitung ihrer Bürgerrechtsaktivitäten von Süden auch in nördliche Städte.

VocalTypeNeueBlack

Aber auch die anderen Schriften sind mit einem Preis von 30 Dollar absolut bezahlbar. Ein Besuch der Webseite lohnt auf jeden Fall.

VocalTypeJames

 

Schriftfamilie Tabularasa

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Modern und lesbar ist die Serifenlose Tabularasa von Christian Gruber.

TabularasaSample

Anfang des Jahres machte Christian Gruber aus Weiden in der Oberpfalz seinen Bachelorabschluss im Kommunikationsdesign und stürzte sich – mehr oder weniger freiwillig – in das Freiberufler Dasein. Und da als Berufsanfänger alles relativ langsam anläuft, hatte er endlich Zeit, eine Schriftfamilie, mit deren Gestaltung er schon im Studium begonnen hatte, zu Ende zu bringen.

Tabularasa heißt seine Familie, es ist eine moderne Grotesk mit organischer Ästhetik. Sehr gut lesbar in kleinen Graden und voller Details in Displaygrößen. Sie umfasst die vier Strichstärken Light, Regular, Medium und Bold plus die jeweiligen Italics und einer Menge OpenType-Features. 

Kaufen kann man den Erstling über Myfonts, momentan zum Einführungspreis von knapp 30 Euro.

 

TabularasaSampleForm

Zur Einführung seiner Schrift Tabularasa gestaltete Christian Gruber ein kleines Samplebook.

TabularasaKursiv TabularasaSchnitte

TabularasaG

TabularasaAlternatives

 

Top-Schriften fürs UI Design und Coding

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Wer Schriften fürs UI Design und Coden sucht, muss einiges beachten. Wir sagen, worauf es ankommt, stellen geeignete Fonts vor und fragten 5 Kreative nach ihren Favoriten.

Für meine Crossfitkurse kann ich mich bequem im Internet ein- und auch wieder austragen. Su­per­prak­tisch. Weniger praktisch, dass ich kaum lesen kann, für was ich mich da eigentlich anmelde. Eine geome­trische Seri­fenlose in winziger Punktgröße, dazu in Hell- auf Dunkelgrau, Blau oder Rot – da hilft selbst die Lesebrille nicht mehr. Auch wenn für gute Web­typo­grafie weit mehr als die verwendete Schrift aus­schlag­gebend ist (siehe unseren Artikel »UI-Typo« in PAGE 10.19, Sei­te 44 ff.), soll es jetzt ausschließlich um Fonts gehen, die sich besonders gut fürs User In­terface Design und fürs Coding eignen. Sei es, weil sie extra sorgfältig gehintet oder die Zeichen dickten­gleich sind, also immer dieselbe Breite haben, oder weil sich kritische Buchstaben wie kleines l, großes I und die Ziffer 1 eindeutig unterscheiden. Aber wie geht man nun am besten vor, um die richtige Schrift für ein UI-Projekt zu finden?

Alle anders: Mit der Gintronic von Mark Frömberg (auch auf dem Bild oben) er­müden die Augen beim Coden nicht so schnell, da sich die Buchstaben sehr gut voneinander unter-scheiden. Die freundliche Schrift sieht auch in Displayanwendungen toll aus!

Fonts: Ästhetische Kriterien im Vordergrund

Am Anfang steht die Frage der Anwendung: Soll die Schrift vorrangig im Bodytext oder eher in Headlines zum Einsatz kommen? Oder überall? Benötige ich viele verschiedene Schnitte und eine große Sprachunterstützung? Und wie sieht es mit dem Budget aus? Oft schränken diese Kriterien die möglichen Schriften schon stark ein. »In vielen Fällen haben wir gar nicht so viel Einfluss auf die Auswahl, wie wir gerne hätten, etwa weil der Kunde bereits eine Hausschrift hat«, sagt Raffael Stüken, Partner bei der Digitalagen­tur Humans & Machines in Berlin. »Manchmal aber gibt es schöne kleine Projekte, bei denen wir tatsäch­lich die Fonts selbst aussuchen können. Das machen wir äußerst sorgfältig, denn Schrift ist eines der aus­drucksstärksten Werkzeuge, um eine Stimmung zu er­zeugen, auch unterschwellig.«

Raffael Stüken kommt es zugute, dass er als Gra­fik­designer viel Wissen, Erfahrung und Feeling für Ty­pografie mitbringt. Zuerst legen er und sein Team ästhetische Kriterien an; was gefällt, was passt zum Kunden, welche Schrift ist neu und noch nicht so an­gesagt, dass man sie demnächst überall sehen wird. Dafür schauen sie sich in erster Linie bei ihren Lieblingsfoundries um: Klim Type zum Beispiel, Commercial Type, Grilli Type, Lineto, Dinamo oder auch Schick Toikka. Als Inspirationsquelle nutzen die Kre­ativen zudem Typewolf, aber ebenso Instagram und Pin­terest. »Wir haben eine Pinterest-Wall, auf der wir span­nende Dinge speichern, die uns begegnen. Quasi ein Moodboard für Schriften. Dieses Gucken und Ar­­chivieren bildet eine hilfreiche Grundlage, wenn es an das konkrete Aussuchen geht.« Da Hu­mans & Machines häufig umfangreiche E-Commerce-­Projekte umsetzt, achten die Gestalter nicht nur auf gute Les­barkeit der gewählten Schrift in den UI-Komponenten, sondern auch darauf, dass sie Tabellenziffern – also dicktengleiche Ziffern – enthält.

Alle gleich: Die Riesenfamilie Halvar der Foundry Typemates gibt es in den Varianten Eng, Mittel und Breit – ins­gesamt 81 Schnitte. Dabei handelt es sich um Multi­plex-­Fonts, das heißt, ein Buchstabe ist über alle Schnitte gleich breit – sehr praktisch für nachträgliche Änderungen im Layout.
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